Schau mich an, Schau dich an

Die Farben wiegen mich, wärmen mich und streicheln meine Sinne. Die Farben sind die Melodie, die uns den Zugang gewähren. Meine Augen werden schwer, während ich den Duft der Nadelbäume und der überreifen Magnolien einatme. Es ist eine ewige Dämmerung. Ich spüre den saftigen, farbigen Körper der reifen Blüten unter meinen Füßen, und die jungen Triebe unter meiner Haut, die vor Lebenslust strotzen. Sie sind ich und ich bin sie und ihr seid sie auch. Ich höre den Windhauch, der durch die durchscheinenden Stoffbahnen und das grüne Gras zieht. Der Windhauch, der die Rehe aufhorchen und ihre wohlgeformten Nüstern in alle Himmelsrichtungen wittern lässt.

Alles in dieser Welt ergibt einen Sinn und ist miteinander verbunden. Alles ist seit Urzeiten entstanden, als wir auch in der sichtbaren Welt eins waren. Meine Erinnerung an diesen Zustand kann ich nur mit unsichtbaren Fäden festhalten, Fäden, die mir als Kind wie ein magisches Instrument in die Hände gelegt wurden. Damit ich nicht vergesse, wo wir herkommen. Damit ich erzähle, um nicht zu vergessen, und auch andere daran erinnere. Damit es mir gelingt, das Licht leuchten zu lassen und die Wesen zum Leben zu erwecken, die lebendiger sind als jede Erinnerung es je sein kann.

Schau dich an, und du wirst sehen, wie deine Haare im Wasser schwimmen, wie unzählige kleine Flüsse der Gedanken und Fragen. Schau dich an, und du wirst sehen, wie dein Herz aus deinem Inneren leuchtet. Schau mich an, und du wirst sehen, wie ich die Sterne pflücke, auf dem Spielhaus lauere und alle Sprachen des Lichts und der Farben mit dir spreche. Schau mich an, und du wirst uns alle sehen, wie wir träumen, und dann träumst du.

Hannah Hyun Jeong, geboren 1997 in Seoul, Südkorea, lebt und arbeitet in München. Ihre künstlerische

Ausbildung begann an der Ehwa Womans University in Seoul, wo sie 2017 Textilkunst studierte.

Anschließend setzte sie ihre Studien an der Akademie der Bildenden Künste München fort, zunächst bei Prof. Axel Kasseböhmer und später bei Prof. Schirin Kretschmann. Sie war außerdem Gaststudentin an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe bei Prof. Vivian Greven und an der Hochschule für Künste Bremen bei Prof. Heike Kati Barath.

Hannahs Arbeiten wurden in verschiedenen Gruppenausstellungen gezeigt, darunter ‚POWDER‘ bei KICHE in Seoul, ‘Dinosaurs were Birds too’ im SpaceNN in München, sowie in weiteren Ausstellungen in Mailand, München und Saarbrücken.

In ihrer ersten Einzelausstellung in der Galerie colorado_projects in Leipzig präsentiert die Künstlerin ihre neuesten Gemälde und Zeichnungen sowie ihr Künstlerbuch, das in dieser Ausstellung erstmals vorgestellt wird.

Tinatin Ghughunishvili-Brück

Kunsthistorikerin

Look at me, look at you

The colors cradle me, warm me, and caress my senses. The colors are the melody that grants us access. My eyes grow heavy as I inhale the scent of pine trees and overripe magnolias. It is an eternal twilight. I feel the juicy, colorful body of the blossoms under my feet, and the young sprouts under my skin, bursting with vitality. They are me and I am them, and you are them too. I can hear the breeze blowing through the translucent drapery and the green grass. The breeze that makes the deer prick up their ears and scent their fine nostrils in all directions.

Everything in this world makes sense and is connected. Everything has been created since time began, when we were also one in the visible world. I can only hold on to my memory of this state with invisible threads, threads that were placed in my hands as a child like a magical instrument. So that I don’t forget where we come from. So that I tell so as not to forget, and so that I remind others. So that I can let the light shine and bring to life the beings that are more alive than any memory can ever be.

Look at yourself, and you will see how your hair swims in the water, like countless little rivers of thoughts and questions. Look at yourself, and you will see how your heart shines from within. Look at me, and you will see how I pluck the stars, linger on the playhouse, and speak all the languages of light and colors with you. Look at me, and you will see us, how we dream, and then you will dream too.

Hannah Hyun Jeong, born in 1997 in Seoul, South Korea, lives and works in Munich, Germany.

She began her artistic education at Ehwa Womans University in Seoul, where she studied Textile Art in 2017. She continued her studies at the Academy of Fine Arts Munich, first with Prof. Axel Kasseböhmer and later with Prof. Schirin Kretschmann. She also studied as a guest student at the State Academy of Fine Arts Karlsruhe with Prof. Vivian Greven and at the University of the Arts Bremen with Prof. Heike Kati Barath.

Hannah’s works have been featured in various group exhibitions, including ‚POWDER‘ at KICHE in Seoul, ‘Dinosaurs were Birds too’ at SpaceNN in Munich, as well as exhibitions in Milan, Munich and Saarbrücken.

In her first solo exhibition at Galerie colorado_projects in Leipzig, the artist shows her latest paintings and drawings, along with her artist’s book, which is being presented for the first time in this exhibition.

Tinatin Ghughunishvili-Brueck

art historian